Am 11.06.2021 hat der Bundestag das Lieferkettengesetz beschlossen.  Das ist ein wichtiger Erfolg für Menschenrechte und Umwelt, der durch das Engagement vieler Einzelner und Institutionen möglich wurde. Aber das Gesetz geht nicht weit genug.

Johanna Kusch, Koordinatorin des zivilgesellschaftlichen Bündnisses „Initiative Lieferkettengesetz“, kommentiert:

Im Kampf gegen Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung in den Lieferketten sind wir noch lange nicht am Ziel, aber seit heute endlich am Start: Erstmalig verpflichtet hierzulande ein Gesetz Unternehmen, Verantwortung für die Menschen in ihren Lieferketten zu übernehmen. Das ist ein Erfolg der Zivilgesellschaft und eine gute Nachricht für Alle, die unter ausbeuterischen Bedingungen in den Lieferketten deutscher Unternehmen arbeiten.

Der heutigen Abstimmung im Bundestag ist eine Lobbyschlacht vorausgegangen, die ihresgleichen sucht. Leider haben das Wirtschaftsministerium und viele Unions-Abgeordnete das Gesetz auf Druck der Wirtschaftslobbyisten an zahlreichen Stellen abgeschwächt. Das Gesetz umfasst zu wenige Unternehmen und macht zu viele Ausnahmen bei den Sorgfaltspflichten. Es verweigert Betroffenen den Anspruch auf Schadensersatz und setzt leider kein Zeichen für den Klimaschutz in Lieferketten.

Deswegen ist dieses Gesetz nur ein Etappenerfolg. Die Zivilgesellschaft wird auch weiterhin für Menschenrechte und Umweltschutz in der gesamten Wertschöpfungskette streiten: Für Nachbesserungen im Lieferkettengesetz, für eine wirkungsvolle Umsetzung und für eine europaweite Regelung, die an entscheidenden Stellen über das deutsche Gesetz hinausgeht.“

Forum Fairer Handel und Weltladendachverband danken allen, die durch zahlreiche Aktionen zur Verabschiedung des Gesetzes beigetragen haben, und fassen das bisherige Engagement zusammen, an dem sich der Weltladen Gelnhausen und seine Kund*innen regelmäßig beteiligt haben:

„Bereits seit 2014 haben wir unsere politische Kampagnenarbeit konsequent auf dieses Ziel aus-
gerichtet. In all den Jahren haben wir mit kreativen Aktionen bei Bürger*innen und Politiker*innen für
unser Anliegen geworben, mit fiktiven Haftbefehlen, öffentlichen Tatort-Installationen, provokativen
Kurzfilmen wie „Unternehmen haftbar machen!“ und Unterschriften-Aktionen an Kanzlerin Merkel,
Außenminister Steinmeier und die Mitglieder des Bundestags.

Bereits in den Dialogprozess zum Nationalen Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte (NAP)
haben wir unsere Anliegen eingebracht. Dazu haben wir im November 2015 fast 38.000
Unterschriften an Staatssekretär Stephan Steinlein im Auswärtigen Amt überreicht. Mit dabei
war die Bundestagsabgeordnete Bärbel Kofler, die kurz danach Menschenrechtsbeauftragte der
Bundesregierung wurde und sich sehr für ein Lieferkettengesetz eingesetzt hat.

2016 haben wir mit 20.000 Briefen ans Bundeskanzleramt einen ambitionierten NAP gefordert.
Leider war das Ergebnis im Dezember 2016 enttäuschend: Eine gesetzliche menschenrechtliche
Sorgfaltspflicht für Unternehmen wurde darin nicht verankert. Umso wichtiger war es, dass ihr 2017
im Vorfeld der Bundestagswahl mit 160 Kandidat*innen aus euren Wahlkreisen über die
Visionen und politischen Anliegen des Fairen Handels – darunter auch das Lieferkettengesetz – in
Austausch gekommen seid. Immerhin 80 davon wurden schließlich in den Bundestag gewählt.

Mit unserer Unterschriftenaktion zum Weltladentag 2018 habt ihr erneut 111 Bundestags-
abgeordnete kontaktiert und mit 18.000 Unterschriften gezeigt, dass sich die Bürger*innen in
den Wahlkreisen ein Lieferkettengesetz wünschen. 2019 und 2020 habt ihr das Thema zum
Weltladentag u.a. mit Bodenplakaten zum wiederholten Mal auf die Straße gebracht, um noch mehr
Menschen darüber zu informieren. Und seit der Gründung der Initiative Lieferkettengesetz im
September 2019 gab es dann einen Schulterschluss mit Gewerkschaften, kirchlichen Akteuren,
Menschenrechts-, Entwicklungs- und Umweltorganisationen – insgesamt 128 Organisationen.

222.222 Unterschriften an die Bundeskanzlerin, 32.053 Lieferkettenbriefe aus ganz Deutschland an
die Mitglieder des Bundestags und mehr als 70 Unternehmen, 136 Ökonom*innen und die Kirchen
haben sich für ein starkes Lieferkettengesetz ausgesprochen. All dies hat dazu geführt, dass die
Bundesregierung trotz des großen Widerstands der Wirtschaftsverbände ein Gesetz verabschiedet
hat. Die letzten Monate waren wahrlich wie ein spannender Krimi und bis zuletzt waren wir nicht
sicher, ob das Lieferkettengesetz 2021 wirklich noch kommt. „