Das 58. Literaturcafé stellt das Buch „2084. Vom Ende der Welt“ des algerisch-französischen Schriftsteller Boualem Sansal vor.
Termin: Montag, den 07.07.25, ab 15:30 Uhr im F(l)air-Weltladen-Lüttringhausen
Im November 2024 wurde der heute 80-jährige Schriftsteller bei seiner Rückkehr aus Frankreich auf dem Flughafen in Algier verhaftet. Seitdem sitzt er in Haft, im März 2025 wurde der schwer krebskranke Autor zu 5 Jahren Haft wegen „Untergrabung der territorialen Integrität Algeriens“ verurteilt. In diesen Tagen steht er erneut vor Gericht. Ihm drohen weitere 5 Jahre Haft. Sansal ist für seinen Umgang mit der französischen Sprache mehrfach ausgezeichnet worden, im Jahr 2011 war er Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels. Alle internationalen Initiativen zur Freilassung von Sansal sind bisher ohne Erfolg geblieben. Sansal studierte Ingenieurswesen, Ökonomie und Volkswirtschaftslehre und hat von 1992 als hochrangiger Beamter im algerischen Industrieministerium gearbeitet. Nach Veröffentlichung seine 1. Romans „Der Schwur der Barbaren“ wurde er aus dem Staatsdienst entlassen und ist seitdem ausschließlich als Schriftsteller tätig. Sansal setzt sich mit den unterschiedlichen Strömungen im Islam auseinander und wendet sich gegen alle totalitären Ansprüche einer islamistischen Ideologie.
„2084“: In Abistan, einem riesiges Reich der fernen Zukunft, bestimmen die Verehrung eines einzigen Gottes und das Leugnen der Vergangenheit das Herrschaftssystem. Jegliches individuelles Denken ist abgeschafft; das Eingeschworensein auf ein allgegenwärtiges Überwachungssystem steuert die Ideen und verhindert abweichendes Handeln. Offiziell heißt es, die Bevölkerung lebt einvernehmlich und im guten Glauben. Doch Ati, der Protagonist dieses Romans, der ausdrücklich anknüpft an Orwells Klassiker „1984“, hinterfragt die vorgegebenen Direktiven: Er macht sich auf die Suche nach einem Volk von Abtrünnigen, das in einem Ghetto lebt, ohne in der Religion Halt zu suchen …
Während George Orwell in seinem Zukunftsroman das totalitäre Regime Stalins vor Augen hatte, entwirft Boualem Sansal in seinem Roman das Szenario eines Regimes, das auf der religiösen Überhöhung einer Ideologie beruht. In Abistan sind Fragen oder Diskussionen gänzlich überflüssig geworden: Eine kleine Gruppe von Herrschenden sorgt für die Gemeinschaft ebenso wie für das Wohlergehen des Einzelnen, wobei den Regeln des Staates folgend das Streben nach spiritueller Erleuchtung den Alltag eines jeden Bürgers diktiert. Sansals Vision ist zugleich faszinierend und erschreckend – in einer Zeit gesellschaftlicher Umbrüche mahnt sie zu gelebter Brüderlichkeit, toleranter Demokratie und einsichtiger Freiheit.
Der Eintritt zum Literaturcafé ist frei. Kooperationspartner ist das Katholische Bildungswerk Wuppertal/Solingen/Remscheid.