Wie funktioniert ein Fairteiler?

Quelle: Foodsharing.de,  Gruppe Fairteiler, Letzte Überarbeitung am 02.05.2020
Alle Regeln übernommen bzw. verschärft durch das Weltladen-Team

Ein Fairteiler ist ein Ort, zu dem alle Menschen Lebensmittel bringen und kostenlos von dort mitnehmen dürfen.

Alle Menschen können gerettete Lebensmittel zu einem Fairteiler bringen, die noch zur Weitergabe geeignet sind. Alle anderen Menschen können ebenfalls Lebensmittel dorthin bringen, die sie zum Beispiel zu Hause oder nach Veranstaltungen übrig haben und nicht mehr verbrauchen wollen oder können.
Herausnehmen dürfen das dort bereitgestellte Essen alle Menschen, ohne irgendwelche Voraussetzungen erfüllen zu müssen.

Fairteiler-Regeln

Für Fairteiler gibt es einige wichtige Regeln. Sie sollen einerseits die Einhaltung der gesetzlichen Hygienevorschriften garantieren. Andererseits sollen sie dafür sorgen, dass in den Fairteilern nur wirklich unbedenkliche, verzehrfähige Lebensmittel weitergegeben werden.
Sie ergeben sich aus den foodsharing-Hygieneregeln, die das Weltladen-Team in allen Punkten umsetzt. Die Regeln werden gut sichtbar außen am Fairteiler angebracht und liegen allen Weltladen-Mitarbeitern vor.

Kontrolle und Reinigung

Ein Fairteiler muss regelmäßig kontrolliert und bei Bedarf gereinigt werden: mindestens alle 2 Tage sowie auf jeden Fall vor Tagen, an denen der Fairteiler geschlossen ist.

  • Alle 2 Tage muss der Schrank kontrolliert werden und evt. gereinigt werden
  • Einmal pro Woche wird der Schrank mit 6%iger Essigwasserlösung ausgewischt.

Welche Lebensmittel dürfen im Fairteiler weitergegeben werden?

  • In einen Fairteiler gehören nur Lebensmittel, die man selbst noch essen würde.
  • Die Lebensmittel sollten noch relativ gut und ansehnlich sein, da sie vielleicht einige Zeit (1-2 Tage) lang im Fairteiler liegen werden.
  • Jedes Lebensmittel sollte geprüft werden (d.h. jedes Stück!), bevor es in den Fairteiler gelegt wird, d.h. Aussehen, Geruch und, wenn nötig, auch Geschmack überprüft werden (soweit ohne Öffnen der Verpackung möglich) !
  • Lebensmittel nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums können weitergegeben werden.

Problematisch und daher verboten sind dagegen die folgenden:

  • Lebensmittel nach Ablauf des Verbrauchsdatums dürfen auf keinen Fall weitergegeben werden. Sie stellen eine Gesundheitsgefahr dar.
  • Lebensmittel mit MHD oder VD, bei denen die (innerste) Verpackung geöffnet ist, gehören ebenfalls nicht in einen Fairteiler.
  • Einige besonders empfindliche Lebensmittel (Hackfleisch, roher Fisch, Produkte mit Rohmilch oder rohem Ei) dürfen wegen der potenziellen Gesundheitsgefahr, die sie darstellen, nicht über Fairteiler geteilt werden!
  • Auch selbstgesammelte Pilze und Alkohol (auch in Form von Pralinen etc.) sowie Energy-Drinks sind nicht erlaubt.
  • Sogenannte „Buffet-Lebensmittel“ gehören ebenfalls nicht in den Fairteiler: das sind Lebensmittel von einem Buffet, an dem sich Kund*innen selbst bedienen konnten. Solche Lebensmittel stehen meist recht lange da, sind oft nicht gut gekühlt und können durch die Kund*innen verunreinigt worden sein.

Die Fairteiler-Regeln finden sich als Plakat am Fairteiler-Schrank.

Hinweise zur Lagerung im Fairteiler

  1. Bitte trennt Backwaren, frische Lebensmittel und zubereiteten Speisen voneinander.
  2. Bitte legt erdbehaftete Lebensmittel nach unten, dann rieselt nichts auf darunterliegendes Essen.
  3. Bitte deckt zubereitete Speisen gut ab, oder legt diese in einen verschlossenen Behälter.
  4. Zubereitete Speisen, Selbst-(Ein)-Gekochtes, Selbst-Konserviertes usw. brauchen eine vollständige Zutatenliste und das Herstellungsdatum.
  5. Lebensmittel dürfen im Fairteiler nicht in Mülltüten, Müllsäcken usw. gelagert werden.
  6. Achtet darauf, dass Kühlschrank, Schrank und Kisten mit Deckel immer richtig verschlossen sind.

Anforderungen an einen geeigneten Standort

Ein Fairteiler kann bei einer Institution stehen, die auf diese Weise foodsharing unterstützen möchte, z.B. in Räumen der Stadt, der Uni, eines Vereins usw. Genauso ist es möglich, einen Fairteiler auf einem Privatgrundstück anzusiedeln, zum Beispiel in einer Hofeinfahrt, einem Vorgarten, einem Hausflur u.a.

Voraussetzungen

  • Der Ort sollte (ggf. während der Öffnungszeiten) für alle oder zumindest für möglichst viele Menschen zugänglich sein.
  • In Räumlichkeiten, die mit politischen oder religiösen Gesinnungen in Verbindung stehen, muss der Aushang ‚Stellungnahme zu Politik und Religion‘ gut sichtbar außen am Fairteiler angebracht werden.
  • Parteibüros bzw. Räumlichkeiten mit eindeutigem Parteibezug eignen sich nicht als Fairteiler-Standorte, da foodsharing sich von jeder Parteipolitik distanziert (siehe foodsharing und Politik).
  • Räumlichkeiten von religiösen Gruppen sind nur geeignet, falls der Zugang für Menschen aller Glaubensrichtungen gewährleistet ist.

No-Gos im Zusammenhang mit Fairteilern

  • Spendenboxen dürfen bei einem Fairteiler auf keinen Fall aufgestellt werden. Dies widerspricht erstens unseren Grundsätzen. Zweitens könnten wir von den Behörden als Lebensmittelunternehmen eingestuft werden (Annahme des Verkaufs von Lebensmitteln). Drittens besteht die Gefahr, dass dem foodsharing e.V. oder dem Bezirksverein die Gemeinnützigkeit aberkannt wird.
  • Videoüberwachung mag praktisch erscheinen, ist aber wegen der Persönlichkeitsrechte aller Liefernden und Abholenden nicht gestattet!

Rechtsgrundlage für foodsharing-Fairteiler

Der Fairteiler fällt nicht unter das Lebensmittelrecht. Die Betreiber des Fairteilers (die Foodsaver des Bezirks oder andere, private Betreiber) sind nicht als Lebensmittelunternehmen zu sehen und müssen dementsprechend auch nicht die Einhaltung von Richtlinien eines Lebensmittelunternehmens gewährleisten. Dies ist unter Bezugnahme auf das geltende Lebensmittelrecht folgendermaßen zu begründen:

In einem Fairteiler werden Lebensmittel nur zum privaten häuslichen Gebrauch kurzfristig gelagert. Privatpersonen, die den Fairteiler nutzen, tauschen dort ihre Lebensmittel, die ausschließlich für den privaten häuslichen Gebrauch gedacht sind, auf eigenes Risiko untereinander. Seine Funktion als Übergabeort und die Bestimmung der Lebensmittel für den privaten Rahmen ist auf dem Fairteiler eindeutig gekennzeichnet. ( → Laut VO (EG) Nr.178/2002, Artikel 1, Absatz (3) gilt das Lebensmittelrecht u.a. nicht für Lagerung von Lebensmitteln zum häuslichen privaten Gebrauch. )

Der Leitfaden der EG zur VO (EG) Nr. 852/2004 stellt darüber hinaus klar, dass ein Lebensmittelunternehmen sich durch eine gewisse Kontinuität der Tätigkeit und einen gewissen Organisationsgrad auszeichnet. Dies trifft auf einen Fairteiler jedoch nicht zu: Die Kontinuität, mit der die Teilnehmer den Fairteiler nutzen, ist ungewiss, nicht nachvollziehbar und unregelmäßig. Es wird keine Aufsicht darüber geführt, wer mit wem wann welche Lebensmittel über den Fairteiler tauscht. Auch der Organisationsgrad hält sich im privaten Rahmen von kleinen Mengen: Ein Fairteiler hat die Größenordnung eines Kühlschranks oder eines Regals, weshalb schwerlich von der Relevanz eines Lebensmittelunternehmens gesprochen werden kann.

Die Foodsaver, die den Fairteiler benutzen und verwalten, sind nicht als Unternehmer anzusehen und fallen demnach nicht unter die Hygienevorschriften der Gemeinschaft, da sie sich als freiwillige unentgeltliche Helfer nur gelegentlich und im kleinen Rahmen an den gemeinnützigen Tauschaktionen beteiligen, die das Ziel haben, die Verschwendung von Lebensmitteln einzudämmen. Wir sehen dies analog zur Erklärung des Leitfadens der EG zur VO (EG) Nr. 852/2004 und auch dem europäischen Leitfaden (SANCO): ( 3.8. Gelegentliche Handhabung, Zubereitung und Lagerung von Lebensmitteln sowie Speisenzubereitung durch Privatpersonen).

Um jedoch trotzdem eine bestmögliche Sicherheit für alle Benutzer des Fairteilers zu gewährleisten, werden zum einen deutlich sichtbar auf der Außenwand des Fairteilers die Regeln zur Benutzung des Fairteilers kommuniziert. Diese beinhalten unter anderem den Hinweis, Lebensmittel NICHT nach Ablauf des Verbrauchsdatums sowie keine Lebensmittel mit potentiellem Gesundheitsrisiko zum Tauschen einzustellen (d.h. explizit Schweinemett, Rindergehacktes, Produkte aus nicht erhitzter Rohmilch, frisch zubereitete Speisen mit rohem Ei sowie Cremes und Pudding, Tiramisu und Mayonnaise (wenn mit Ei und Milch selbst hergestellt). Zum anderen werden die Reinigung (und die Temperaturkontrolle bei Kühlschränken) regelmäßig durchgeführt und gut sichtbar am Fairteiler protokolliert.

Fairteiler-Probleme in Berlin

Vom 26.2.2016

In den Berliner Bezirken Kreuzberg-Friedrichshain und Pankow möchte die Lebensmittelüberwachung den Fairteilern strengere Regeln auferlegen, da sie seitens der Behörden als Lebensmittelbetrieb eingestuft werden. Wir haben das Fairteiler-Konzept mit leitenden Lebensmittelkontrolleuren ausgearbeitet und halten die Einstufung als Lebensmittelbetrieb für eine Fehlbewertung.

Was bedeutet das für mich als Fairteiler-Betreuung oder als Grundstücksbesitzer*in eines Fairteiler-Standortes?

Die Verantwortungsfrage ist nicht eindeutig geklärt. Wenn du dir unsicher bist, erkundige dich bei der zuständigen Behörde in Deinem Bezirk, wie die Haftungsfrage dort ausgelegt wird. In ganz Europa gilt ein einheitliches Lebensmittelrecht, was momentan nur in Berlin anders ausgelegt wird. Wir sind mit leitenden Lebensmittelkontrolleuren in Kontakt und von diesen wird bekräftigt, dass die Rechtsauslegung der Berliner Behörden falsch ist – Fairteiler sind private Übergabeorte und keine Lebensmittelbetriebe! Daher dürfen auch keine Lebensmittel direkt von den Abholungen in die Fairteiler gebracht werden. Deswegen braucht es keine Rückverfolgbarkeit der Lebensmittel. Das bedeutet auch, dass niemand von foodsharing für Lebensmittelvergiftungen etc. haftet. In den zwei Berliner Bezirken wird das anders gesehen – dort werden “verantwortliche Personen” gefordert. Durch unsere fundierten Fairteiler-Regelungen, die mit Lebensmittelkontrolleuren ausgearbeitet wurden, ist das Risiko jedoch sehr gering, dass in den Berliner Bezirken ein Haftungsanspruch geltend gemacht werden kann. Darüber hinaus werden wir gerichtlich gegen diese Einschätzung vorgehen, sollte sie von den Ämtern tatsächlich durchgesetzt werden, weil wir sie für unbegründet halten. Um also auf der sicheren Seite zu sein, sorge dafür, dass die Regelungen in Deinem Fairteiler auch umgesetzt werden! In den Medien wird das Risiko z.T. anders dargestellt – ein Stadtrat behauptet, es habe einen Fall gegeben, bei dem jemand Durchfall bekommen habe durch Essen aus einem Fairteiler. Im gleichen Atemzug sagt er jedoch, dass er diese Aussage nicht mal beweisen könne.

Deswegen stehen wir weiterhin absolut hinter Fairteilern! In der mittlerweile dreijährigen Geschichte des Fairteiler-Konzeptes, das inzwischen an 350 Orten umgesetzt wird, wurde uns kein einziger Fall von Gesundheitsschäden durch Lebensmittel aus einem Fairteiler angetragen. Stattdessen konnten wir vieles erreichen: Wir haben Lebensmittel vor der Verschwendung gerettet, Bewusstsein für die Problematik geschafft und soziale Treffpunkte kreiert – und werden das auch weiterhin tun!

Wenn du Sorge um Deinen Fairteiler hast, dann empfehlen wir dir, dafür zu sorgen, dass der Fairteiler sauber und gepflegt ist und die Fairteiler-Regeln eingehalten werden – das ist die beste Grundlage, um evtl. Bedenken seitens der Behörden von vornherein zu entkräften. Berlin scheint eine Extremsituation zu sein, da dort ein Beamter zuständig ist, der u.a. Tagesmütter und -väter als Lebensmittelunternehmen einstufen wollte (wogegen die EU-Kommission eingegriffen hat!). Wenn du trotz allem verunsichert sein solltest durch die Vorkommnisse in Berlin, wende dich gerne per E-Mail an das Fairteiler-Team.