Das deutsche Lieferkettengesetz ist in Kraft getreten – Eine Erfolgsgeschichte beim Kampf für Menschenrechte

Jahrelang haben die Weltläden und andere Organisationen mit der Intiative Lieferkettengesetz dafür gekämpft, nun ist es endlich durch den Bundestag: Das Lieferkettengesetz. Es steht, trotz aller gebotenen Kritik, für einen grundlegenden Paradigmenwechsel

Der Gesetzgeber hat das Lieferkettengesetz am 11.6.2021 verabschiedet, es ist seit dem 1. Januar 2023 in Kraft. Ab 2023 sind nun Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern –  rund 900 Unternehmen in Deutschland – gesetzlich verpflichtet, bei sich und ihren Lieferanten zu prüfen, ob Menschenrechtsverstöße vorliegen und gegebenenfalls Vermeidungs- und Abhilfemaßnahmen durchzuführen. Wenn sie das nicht tun, drohen im Einzelfall Bußgelder in nicht geringer Höhe, nämlich bis zu zwei Prozent des Jahresumsatzes. Das kann bei milliardenschweren Unternehmen durchaus ein stattlicher Betrag sein.

Ebenso müssen Unternehmen mit Sitz in Deutschland darauf achten, dass ihre Lieferanten weltweit Umweltstandards einhalten.

Das ist ein echter Erfolg beim Einsatz für Menschenrechte und Umweltschutz in der Wirtschaft, weil es eine Abkehr vom Prinzip der Freiwilligkeit bedeutet. Im Vorfeld der Verabschiedung hatten Lobbyverbände wieder und wieder versucht, die von den Ministern der ehemaligen Koalition Heil und Müller im März 2020 vorgeschlagenen Gesetzeseckpunkte zu verwässern.

Kurzbewertung:

positiv: Die Sorgfaltspflichten des Unternehmens erstrecken sich nun auch auf dessen Töchter.

negativ: Im Gesetz finden sich keine zivilrechtlichen Haftungsansprüche.

mehr lesen:

https://www.weltladen.de/politik-veraendern/initiative-lieferkettengesetz/

Geschichte und Bewertung des Lieferkettengesetzes

Warum ist das Lieferkettengesetz so wichtig?

Lieferkettengesetz – Fallbeispiele

 

Der Kampf geht weiter – für ein starkes Lieferkettengesetz in Europa

In diesem Jahr (2023) wird aber auch auf europäischer Ebene entschieden, ob der Schutz von Umwelt und Menschrechten in Wertschöpfungsketten gesetzlich verankert wird. Denn dort wird dieses Jahr über einen Entwurf für ein EU-Lieferkettengesetz abgestimmt.Nachdem die EU-Kommission und der EU-Rat bereits ihre Position abgegeben haben, wird aktuell im Europäischen Parlament in den verschiedenen Ausschüssen verhandelt. Voraussichtlich im Mai soll das Parlament seine Position abgeben. Auch hier drohen Lobbyverbände das im Gesetz geplante Prinzip zivilrechtlicher Haftung einzuschränken.

Unter dem Dach der Initiative Lieferkettengesetz machen viele Organsationen mobil für ein starkes Lieferkettengesetz in Europa. Im November 2022 übergaben Aktivistinnen und Aktivisten der Initiative eine Petition mit 90 000 Unterschriften an Bundeskanzler Olaf Scholz. Mit einem offenen Brief wendet sich die Initiative Lieferkettengesetz, der der Weltladen-Dachverband angehört, aktuell an EU-Abgeordnete mit der Forderung, sich für ein wirksames EU-Lieferkettengesetz einzusetzen.

mehr lesen: Lieferkettengesetz in Europa

Das EU-Parlament hat dem noch verschärften Richtlinienentwurf am 1.6.23 zugestimmt. Im Trilog mit dem EU-Rat und der EU-Kommission wird jetzt die endgültige Ausgestaltung des EU-Lieferkettengesetzes verhandelt.

Der Entwurf sieht Folgendes vor:

  • Sorgfaltspflicht muss in die Unternehmensführung integriert werden
  • Bekämpfung von Kinderarbeit, Sklaverei, Ausbeutung von Arbeitskräften, Umweltverschmutzung, Umweltzerstörung und Verlust der biologischen Vielfalt
  • Geldstrafen von mindestens 5 % des weltweiten Nettoumsatzes eines Unternehmens bei Nichteinhaltung

Für weitere Informationen https://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20230524IPR91907/lieferketten-unternehmen-sollen-

https://www.verdi.de/themen/internationales/initiative-lieferkettengesetz 

 

Am 12.2.24 sollte eigentlich der im Trilog ausverhandelte Entwurf des Lieferkettengesetzes im Rat der EU-Mitgliedstaaten beschlossen werden. Die Zustimmung galt nur noch als Formsache. Die FDP grätschte allerdings – wieder mal – dazwischen. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) kündigte seine Ablehnung des EU-Gesetzes an und appellierte auch an seine Kollegen, dem bereits vereinbarten Gesetz die Zustimmung zu entziehen. Dies hätte bei der geplanten Abstimmung zu einer Enthaltung Deutschlands geführt mit verheerender Außenwirkung. Die finale Abstimmung zum EU-Lieferkettengesetz im Rat der EU-Mitgliedsstaaten wurde daraufhin kurzfristig verschoben. Die FDP erklärte ihre Blockadehaltung trotz der Überarbeitung des Entwurfs durch Arbeitsminister Heil in letzter Minute mit unverhältnismäßigen Berichtspflichten und einer Überforderung vieler Unternehmen durch zu viel Bürokratie.Die EU-Abgeordnete Anna Cavazzini, Vorsitzende des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz im Europaparlament, kritisierte, dass die FDP  nicht nur Deutschland zu einer Enthaltung gezwungen, sondern auch auf andere Länder Druck ausgeübt habe, dem EU-Lieferkettengesetz ebenfalls nicht zuzustimmen. Die Koalitionspartner sowie viele NGOs kritisierten die Blockadehaltung der FDP und Anna-Lena Bearbock beklagt den dadurch entstandenen Vertrauensverlust.

https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/analyse-neinsager-fdp-100.html

https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ausland/eu-lieferkettengesetz-fdp-blockade-100.html

https://www.tagesschau.de/ausland/eu-lieferkettengesetz-abstimmung-100.html

https://lieferkettengesetz.de/aktuelles/