Dauert ein Flug ins ferne La Paz mindestens 17 Stunden, so schafft man es auf digitalem Weg – wenn alles gut geht – in weniger als einer Minute. So auch am 13. Juni, als sich unser Weltladen-Team mit den Organisatoren der bolivianischen Sozial- und Gesundheitsorganisation CSRA vor dem Monitor traf, um Neues über dort laufende Projekte zu erfahren und sich persönlich auszutauschen.

Seit es den Weltladen Babenhausen gibt, besteht ein enger Kontakt zu der nichtstaatlichen, gemeinnützigen Hilfsorganisation des Andenstaates. Diese kümmert sich mit festen und ehrenamtlichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen um das gesundheitliche und soziale Wohl der ärmeren bolivianischen Bevölkerung, vornehmlich Indios, und leistet dabei viel Hilfe zur Selbsthilfe. Über ein extra hierfür eingerichtetes Konto unterstützt der Weltladen Babenhausen den CSRA mit einer monatlichen Spende. Schon zweimal waren Mitglieder unseres Teams zu Besuch in Bolivien, um sich die Arbeit vor Ort anzusehen und für kurze Zeit persönlich zu begleiten.

Die Telefonkonferenz bot nun die Gelegenheit, ganz aktuell und aus erster Hand Einzelheiten über die laufenden Projekte in Bolivien zu erfahren. Sprachbarrieren gab es dabei keine, denn wo mit Englisch kein Weiterkommen war, da wurde simultan vom Spanischen ins Deutsche übersetzt und andersherum.

 

Per Skype in La Paz

 

Ein Tätigkeitsschwerpunkt liegt in El Alto, der zweitgrößten Stadt Boliviens mit hoher Armutsrate. Sie ist La Paz direkt vorgelagert und war bis 1985 noch Teil der Hauptstadt. 1200 Familien werden hier in kleinen Nachbarschaftsverbänden betreut. Die Arbeit richtet sich an alle Altersstufen ‒ angefangen von Kinderschutzprojekten für die Kleinsten von 0-2 Jahren über Aufklärung und Arbeitsmarktintegration Jugendlicher bis hin zur Unterstützung von Müttern bei der Versorgung und Entwicklungsförderung ihrer Kinder. Frauen aus den Nachbarschaftsverbänden werden geschult, um in Vorbildfunktion das Gelernte an die Gemeinschaft weiterzugeben. Hierbei geht es vorrangig um Ernährungs-, Gesundheits- und Hygienefragen, aber auch um Möglichkeiten der Konfliktbewältigung und um Familienmanagement. Die Bestätigung der Frauen in ihren Rechten und die Stärkung ihres Selbstbewusstseins in einer noch sehr vom Machismo geprägten Gesellschaft fördern ihr eigenverantwortliches Handeln. Unterstützend befasst sich ein auf Männer ausgerichtetes Projekt damit, Verantwortung ins Zentrum des männlichen Familienbildes zu rücken ‒ sowohl im Hinblick auf gewaltfreie Konfliktlösungen als auch im Hinblick auf gesundheitliche Notwendigkeiten wie vernünftige Ernährung und ausreichende Hygiene. Letztere ist von besonderer Bedeutung, da viele Stadtviertel ohne Sanitärsysteme, wie z. B. Abwasserkanäle, auskommen müssen und auch die Müllentsorgung zum Teil direkt vor der Haustür erfolgt. Ein großes Problem übrigens auch in Bolivien ist der Elektroschrott, der mangels Recycling-Möglichkeiten an jeder Ecke entsorgt wird.

Professionelle medizinische Versorgung und Prophylaxe bietet der CSRA in den beiden von der Organisation unterhaltenen Hospitälern. Diese befinden sich in El Alto und Montero, einer Stadt im tropischen Feuchtklima vor dem Ostrand der Anden-Gebirgskette. Während die Klinik in El Alto ihren Fokus mit Chiropraktik, Akupunktur und Osteopathie auf die begleitende Medizin legt, bietet das Hospital in Montero alle Einrichtungen zur klassischen medizinischen Versorgung. Zu den Standardaufgaben gehören hier pränatale Diagnostik, umfassende Impfkampagnen, regelmäßige Tuberkulose-Kontrollen und die Überwachung möglichen Auftretens landestypischer Infektionen wie Gelbfieber, Denguefieber, aber auch von Geschlechtskrankheiten, Hepatitis und HIV. Die Finanzierung des Hospitals in Montero erfolgt über die Kommune, steht jedoch auf politisch wackligen Füßen und kann für die Zukunft nicht als gesichert angesehen werden. Daher plant der CSRA, dem möglichen Wegfall kommunaler Gelder schon jetzt durch Honorareinnahmen entgegenzuwirken und die Existenz des Hospitals dadurch zu sichern. Erzielt werden sollen diese Einnahmen über entgeltliche Seminare für interessierte Institutionen und Arbeitsgruppen aus dem Umfeld der Entwicklungs- und Sozialarbeit, die ähnlich gelagerte Projekte anpacken wollen und durch die langjährigen Erfahrungen des CSRA in hohem Maße profitieren können.

Auch wenn die Projektfinanzierung durch kommunale Organe sowie zwei internationale Hilfsorganisationen und kleinere Spendenaufkommen, wie z. B. aus Babenhausen, bisher gewährleistet war, hängt für den CSRA viel davon ab, diese auch für die Zukunft zu sichern.

Das Bolivien-Projekt steht für das Weltladen-Team stellvertretend für die Notwendigkeit, so effektiv wie möglich Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten überall dort, wo soziale Missstände durch mangelnde Ernährung, Gesundheit und Bildung vorherrschen. „Dieses sind für uns Grundpfeiler für eine gerechtere soziale und politische Teilhabe aller und damit zur Sicherung des sozialen Friedens. Wenn wir benachteiligte Gesellschaftsgruppen dabei unterstützen, sich selbst zu helfen, tragen wir dazu bei, soziale Unruheherde, daraus erwachsende Gewaltpotentiale und auch Fluchtbewegungen in wirtschaftlich und politisch verheißungsvolle, stabilere Länder zu minimieren“, so die Einschätzung.

Wer von hier aus einen kleinen Beitrag leisten möchte, kann den CSRA mit einer Spende über das vom Weltladen Babenhausen eingerichtete Konto in seiner Arbeit unterstützen. Vielleicht ist eine Spende über den großen Teich und viele Grenzen hinweg ja auch gerade das richtige Geschenk für ein Geburtstagskind. Die Mitstreiter und Ehrenamtlichen vom CSRA, die betreuten Familien in Bolivien und unser Weltladen-Team sagen schon jetzt muchas gracias und danke!

Spendenkonto:  Bolivienhilfe, IBAN: DE97 5085 2651 0060 0552 33, Stichwort CSRA

Bildrechte: CSRA, La Paz