Das frühere jüdische Leben in Rimpar war Thema des vierten Erzählcafés, das der Weltladen zusammen mit dem Seniorenrat Rimpar ausrichtete. 18 interessierte und teilweise von persönlichen Erinnerungen bewegte Besucherinnen und Besucher kamen in einen lebendigen Austausch. Hannelore Mintzel, frühere Rektorin unserer Hauptschule, befasst sich schon jahrzehntelang mit dem jüdischen Leben in Rimpar. Sie recherchiert im gemeindlichen Archiv, befragt unzählige Leute persönlich und pflegt bis heute Kontakte zu Juden nach Israel und Übersee. Mit ihrem fundierten Wissen eröffnete sie einen leichten Zugang zum Thema und bereicherte das Gespräch durch überlieferte Anekdoten. Sie berichtete, dass bei der Machtübernahme der Nationalsozialisten rund 50 Jüdinnen und Juden in Rimpar lebten. Die Häuser der Juden konzentrierten sich – auch aufgrund des kurzen Weges zur Synagoge – rund um den Marktplatz und entlang der Hof- bzw. Austraße bis zu den sogenannten Sabbatschranken. Der gesamte Komplex, in dem sich heute Apotheke, Weltladen und Gärtnerei befinden, war früher in jüdischem Besitz.

Es war Fürstbischof Julius Echter, der Ende des 16. Jahrhunderts die Juden aus Würzburg vertrieben, ihre Zentren zerstört und sie gezwungen hatte, in die umliegenden Dörfer umzusiedeln. Konrad von Grumbach nahm die Juden auf, allerdings nicht uneigennützig: Juden mussten für ihr Aufenthaltsrecht „Jahresgeld“ sowohl an den politischen Herrscher als auch an den Pfarrer bezahlen.

500 Jahre friedliches Zusammenleben

Bis zur Naziherrschaft lebten Juden 500 Jahre lang friedlich neben ihren christlichen Nachbarn in Rimpar. Es gab auch viele Freundschaften und man trieb Handel miteinander, was in Erzählungen von Frau Mintzel und beigesteuerten Erinnerungen von Eltern und Großeltern der Gesprächsteilnehmer deutlich wurde. Betroffenheit und Zustimmung löste die Aussage von Hannelore Mintzel aus „Mit den Juden ist viel Kultur verloren gegangen“, z.B. in den Bereichen Literatur und Musik, Bräuche und Redewendungen.

Pogromnacht am 9. November

Im Raum stand die Frage, wie wir aus der Geschichte lernen können, wie es gelingen kann, dass sich solche Gräueltaten wie der Holocaust nicht wiederholen? Unabdingbar ist es, eigene und fremde Verdrängungsmechanismen und Vorurteile wahrzunehmen und ihnen entgegenzuwirken. Auch wurde in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass der schulische Unterricht ein Ort sein muss gegen Geschichtsvergessenheit, ein Ort für Völkerverständigung und Toleranz und dass gesamtgesellschaftlich interkulturelle Bildung wesentlich ist. Bewusstseinsbildend ist der Besuch von Gedenkstätten wie Dachau, Anne-Frank-Haus oder Yad Vashem. Für sich persönlich kostbar empfindet Hannelore Mintzel die Anteilnahme am jüdischen Leben, z.B. die Mitfeier des Passahfestes oder persönliche Kontakte und Freundschaften. Ein guter Ort für die inhaltliche Auseinandersetzung sei zudem das Gedenken an die Pogromnacht, die in Rimpar immer am 9. November begangen wird.

Text: Robert Bundschuh, Co-Vorsitzender Weltladen Rimpar e.V.

Bildunterschrift: Beim Erzählcafé im Weltladen wusste Hannelore Mintzel viel zu berichten über das frühere jüdische Leben in Rimpar.

Foto: Romi Forster-Bundschuh