Auf Einladung des Fairtrade-Landkreises Würzburg trafen sich 20 Verantwortliche der Mainfränkischen Weltläden zur jährlichen Regionalkonferenz im Landratsamt Würzburg. Von Marktheidenfeld und Lohr bis Güntersleben und Würzburg waren neun Weltläden vertreten, die zum Teil schon Jahrzehnte lang bestehen oder wie der Rimparer Weltladen erst vier Jahre jung sind.

Grausame Kolonialgeschichte

Die Sprecherinnen Christina Schlembach und Rita Scheiner begrüßten Annegret Lueg vom Eine-Welt-Netzwerk Bayern und Janneke Tiegna, Bildungsreferentin des Würzburger Weltladens. Tiegna referierte zum Thema „Koloniale Kontinuitäten im Fairen Handel“. Auch Deutschland hat eine grausame Kolonialgeschichte, die bis zum Ende des 1. Weltkriegs reicht und in Afrika, Asien und im Pazifik hunderttausende Menschen versklavte und ermordete. Der Würzburger Alte Hafen war Anfang des 20. Jahrhunderts ein bedeutender Umschlagplatz für Kolonialwaren. Darunter verstand man Waren wie Kaffee, Tee, Gewürze, Kakao, Tabak, Zucker, Reis und Kunstgegenstände aus den Kolonien – also Waren, die heute den Schwerpunkt in den rund 930 Weltläden in Deutschland bilden.

Gelungenes Beispiel: fairafric-Bio-Schokolade

Janneke Tiegna stellte die provozierende Frage: „Sind Weltläden moderne Kolonialwarenläden?“ Ja und nein: Denn das Warenangebot gleicht sich, jedoch ist das wesentliche Prinzip des Fairen Handels ein Strukturwandel von der Zwangsarbeit und Ausbeutung der Kolonialzeit hin zu einer Kooperation mit den Produzent*innen auf Augenhöhe, hin zu menschenwürdigen Arbeitsbedingungen und fairen, stabilen Preisen. Kinderarbeit ist bei den zertifizierten Lieferanten verboten und Frauenrechte werden gestärkt. „Der Faire Handel trägt zur Überwindung von ungerechten Strukturen bei“, lautet das Fazit. Aber es ist noch ein weiter Weg zur wirklichen Gerechtigkeit im Handel. Die Wertschöpfung zum Beispiel von Kakao liegt noch immer zum großen Teil in Europa, denn hier wird der Rohkakao zu Schokolade verarbeitet und verkauft. Ein gelungenes Beispiel kommt aus Ghana, früher die deutsche Kolonie „Groß Friedrichsburg“: fairafric-Bio-Schokolade wird von der Ernte des Kakaos bis zur Schokoladentafel direkt in Ghana produziert, die Wertschöpfung bleibt ganz im Herkunftsland des Rohstoffs und sichert damit qualifizierte Arbeitsplätze.  So werden historisch bedingte koloniale Strukturen aufgebrochen und Abhängigkeiten der Länder des globalen Südens vom reichen Norden beendet.

Weitere Themen des Treffens waren die mögliche Beteiligung der Weltläden beim Katholikentag 2026 in Würzburg, ein Austausch über die Organisation der Wareneinkäufe und Veranstaltungsformate vom Fairen Frühstück bis zu Benefizkonzerten sowie das Lieferkettengesetz.

Text: Eva-Maria Schorno / Co-Vorsitzende Weltladen Rimpar e.V.

Bildunterschrift: Die Regionalkonferenz der Mainfränkischen Weltläden im Landratsamt Würzburg gab Anlass zu regen Diskussionen zum Thema postkoloniale Strukturen im Fairen Handel. Vortragende war (rechts außen) Janneke Tiegna, Bildungsreferentin des Würzburger Weltladens.

Foto: Eva-Maria Schorno