Das Lieferkettengesetz
Die Gretchenfrage lautet: Wird das am 11.06.2021 vom Deutschen Bundestag verabschiedete Gesetz zur Einhaltung von Menschenrechten in weltweiten Lieferketten dazu beitragen, die Lebens-, Bildungs- und Arbeitsbedingungen der für den (und nicht nur für den) Fairen Handel arbeitenden und produzierenden Menschen in den Ländern des Globalen Südens zu verbessern?
Das Gesetz ist auf jeden Fall ein Anfang. Die sogenannten Sorgfaltspflichten der Unternehmen erstrecken sich auf die gesamte Lieferkette- vom Rohstoff bis zum fertigen Verkaufsprodukt.Das Gesetz beschränkt allerdings seinen Anwendungsbereich auf in Deutschland ansässige Unternehmen und Zweigniederlassungen mit mindestens 3000 Beschäftigten ab 2023 (das sind in etwa 900 Unternehmen) und 1000 Beschäftigten ab 2024 (mit etwa 4.800 Unternehmen). Das greift insgesamt sehr kurz, da hier nur Großunternehmen angesprochen sind; der große Bereich der mittelständischen Unternehmen, das Herzstück der deutschen Wirtschaft, bleibt außen vor. Eine Verletzung der Pflichten aus diesem Gesetz begründet zudem keine zivilrechtlichen Haftungsansprüche der Betroffenen. Somit kann das Lieferkettengesetz rechtlich seine ursprünglich beabsichtigten Wirkungen nur bedingt entfalten.
Nach 2024 soll der Anwendungsbereich des Gesetzes überprüft werden. Zudem bleibt das Gesamtziel eine einheitliche europäische Regelung. Es ist zu befürchten, dass dies voraussichtlich noch mehrere Jahre dauern wird.
Pressemitteilung vom 14.05.2022 anlässlich des Weltladentags:
Weltladen Stadthagen fordert gerechte Preise
Bundesweiter Weltladentag unter dem Motto „MÄCHTIG unfair“
Zum Weltladentag am 14. Mai fordern hunderte Weltläden bundesweit,
dass die Gewinne entlang globaler Lieferketten gerechter verteilt werden
müssen. Unter dem Motto „MÄCHTIG unfair“ zeigen sie die negativen
Auswirkungen niedriger Erzeugerinnen-Preise auf. Auch der Weltladen
Stadthagen beteiligt sich mit einem Stand auf dem Marktplatz in
Stadthagen an der bundesweiten Kampagne des WeltladenDachverbandes.
„Oft decken die Preise, die die Produzentinnen für Kaffee, Kakao, Bananen oder Milch
erhalten, nicht einmal die Produktionskosten,“ erläutert Weltladen-Geschäftsführer Bernd
Hermeling. „Durch die aktuell steigenden Verbraucherinnen-Preise merken wir auf
dramatische Weise, wie wichtig existenzsichernde Einkommen und Löhne sind, sowohl in
Deutschland wie auch weltweit.“
Entlang globaler Lieferketten herrscht laut Weltladen-Dachverband und Forum Fairer Handel
ein extremes Macht- und Verhandlungsungleichgewicht. Dies führt dazu, dass große
Unternehmen gegenüber Lieferanten und Produzierenden niedrige Preise und unfaire
Vertragskonditionen durchsetzen können. „In der Regel profitieren die großen Unternehmen
von den Gewinnen, während die Produzent*innen um ihre Existenz kämpfen,“ so Hermeling.
Die Fair-Handels-Bewegung setzt sich für eine rasche Nachbesserung des im Mai 2021
beschlossenen „Gesetzes zur Stärkung der Organisationen und Lieferketten im
Agrarbereich“ ein, welches die gravierendsten unlauteren Handelspraktiken verbietet. „Die
Bundesregierung sollte schnellstmöglich ein Verbot von Preisen unterhalb der
Produktionskosten in Deutschland einführen und sich für eine gerechtere Verteilung der
Wertschöpfung entlang der Lieferkette einsetzen,“ fordert Anna Hirt, politische Referentin
beim Weltladen-Dachverband in Mainz.
„Mächtig unfair erscheint uns im Moment vieles, das wir in der Welt beobachten,“ erklärt
Bernd Hermeling mit Blick auf den Krieg in der Ukraine und die steigenden
Verbraucherinnen-Preise. „Umso wichtiger ist es, uns als Weltladen mit unseren
Informationen und Aktionen auch weiterhin ein Zeichen für globale Gerechtigkeit und die
Menschenrechte zu setzen. Daher freuen wir uns auf den Austausch mit den Bürgerinnen in
Stadthagen.“