Gelnhausen, die faire Stadt Barbarossas
Ein Besuch in Gelnhausen lohnt sich – nicht nur wegen des interessanten Weltladens. Das fanden die Mitarbeitenden des Wehrheimer Weltladens, nachdem sie ihr jährlicher Ausflug in die Stadt an der Kinzig geführt hatte. Besonders fasziniert waren die Ehrenamtlichen von der Altstadt mit ihren pittoresken Häusern, die teilweise noch aus dem 16. Jahrhundert stammen, und von der Führung unter Gesichtspunkten des Fairen Handels, erarbeitet von Mitarbeitenden des Weltladens Gelnhausen.
Zum fairen Handel brauchte Führer Jochen Karalus nicht viel zu erzählen, denn die Teilnehmenden waren selbst Fachleute. Sie lernten zum Thema Wasser die unterirdische Quelle des Brunnens auf dem Obermarkt kennen, sahen das Geburtshaus von Philipp Reiss, was Karalus beim fairen Rundgang in Verbindung mit dem nachhaltig produzierten Fairphone brachte. Er machte sie mit Conrad Heinrich Schöffer bekannt, der im 19. Jahrhundert durch Überseehandel mit Kolonialwaren Reichtum in die heutige Kreisstadt des Main-Kinzig-Kreises gebracht hatte und sich samt seiner Nachfahren in vielen Beziehungen wichtiger Mäzen der Bürger:innen war. Seinerzeit kam Schöffer zugute, dass eine Haupthandelsstraße von West nach Ost durch die Stadt führte. Die Ehrenamtlichen aus Wehrheim sahen die imposante Marienkirche, eine Straßenenge mit dem „Stein des Anstoßes“ und einen weiteren Engpass, an dem die Gefährte früherer Jahrhunderte gerne „die Kurve“ kratzten.
Kaiser Friedrich I. Barbarossa hatte die Stadt 1170 gegründet, Kaiser Karl IV. sie im 14. Jahrhundert an die Pfalz verpfändet, und während des 30-jährigen Krieges litten die Bürger:innen ebenfalls Not. Erst im 19. und 20. Jahrhundert ging es bergauf.
Den Weltladen Gelnhausen gibt es seit mehr als 40 Jahren, davon berichteten die Gründungsmitglieder Rudi Pfeifer und Karin Loos-Pfeifer. Er ist wesentlich größer als der Wehrheimer, aber die Probleme und Erfolgserlebnisse sind ähnlich. Während Gelnhausen schon seit elf Jahren Fairtrade-Town ist, hat Wehrheim das Siegel jetzt gerade– wie in Gelnhausen – auf Mitinitiative des Weltladens erreicht. Für die Mitarbeitenden beider Läden ist die Bildungsarbeit wichtiges Standbein, und beide waren sich einig, dass es noch viel zu tun gibt, um der Bevölkerung die Bedeutung des fairen Handels, sprich die Auswirkungen des westlichen Konsumverhaltes auf die Produzent:innen des Globalen Südens zu verdeutlichen. Denn fairer Handel bedeutet, dass Erzeuger:innen nicht mit Verdiensten, von denen sie nicht leben können, abgespeist werden, dass sie davon vielmehr auch Bildung und medizinische Versorgung bezahlen können.