Die Weltladen-Mitarbeiterinnen hatten ihren Pavillon direkt neben den Wahlkampfschirmen von CDU, SPD, FDP und der Grünen in der Wehrheimer Mitte aufgebaut, denn sie hatten ein Anliegen an die Europa- und Bundestags-Abgeordnete: „Bei den Ausgleichzahlungen für Klimaschäden dürfen die Produzent:innen im Globalen Süden nicht vergessen werden.“
Für das Forum Fairer Handel, die Organisation, die diese bundesweite Aktion gegen ungerechte Klimaschäden-Finanzierung ins Leben gerufen hat, ist die Summe des Fonds, die von der Welt-Klimakonferenz im vergangenen Jahr mit 800 Millionen Euro beschlossen wurde, viel zu gering. Der Weltladen Wehrheim hat sich dessen Unterschriftenaktion angeschlossen, um Abgeordnete auf diese Diskrepanz hinzuweisen, eine höhere Entschädigung einzusetzen und zudem den Kleinbäuer:innen und Produzent:innen unbürokratischen Zugang zu diesem Geld zu gewährleisten. „Die Menschen im Globalen Süden tragen am wenigsten zu den Schäden bei, leiden am meisten, und bekommen kaum Entschädigung“, schließen sich die Weltladenmitarbeiterinnen dem Forum Fairer Handel an.
Sie wiesen sowohl die Vertreter:innen der Parteien als auch Passant:innen auf diese Schieflage hin. Jede:r konnte ein Los mit einem Namen ziehen und bekam als Schmankerl ein oder mehrere Stücke Schokolade. Den Unterschied machte die Heimat der gezogenen (exemplarischen) Person. Stand der Name „Ite“ auf dem Zettel, hatte der:die Loszieher:in Glück und konnte sich zehn Schokostückchen schmecken lassen, denn deren Anzahl stand für den Erlös, den die schweizer Milchbäuerin am Ertrag einer Tafel Schokolade hat. „Ite“ ist im Vergleich zu anderen wenig von Unwettern betroffen, ihre Lebensgrundlage ist gut abgesichert, und der Klimawandel tangiert ihr Leben kaum. Ganz anders sieht es bei „Carmen“ aus, die als Kleinbäuerin in Puerto Rico seit vielen Jahren Zuckerrohr anbaut. Ihre Heimat ist das am stärksten von Klimakatastrophen betroffene Land der Welt. Als alleinstehende Frau mit geringer Altersabsicherung ist Carmen bei Extremwetter sehr gefährdet. Ihr Anteil an der Tafel Schokolade beträgt daher auch lediglich ein halbes Stückchen, obwohl sie den ganzen Tag arbeitet. Auch die Lebensgrundlage von „Amal“, der in Indien Bio-Kaffee anbaut, ist durch Wirbelstürme und Dürren besonders gefährdet. Aber er hat einen Vorteil: Er verkauft seinen Bio-Kaffee über den fairen Handel und erhält die Fair-Handels-Prämie. Damit macht er seine Pflanzen widerstandsfähiger, so dass seine Lebensgrundlage trotz des Klimawandels ein wenig sicherer ist. Er bekommt nicht mehr als drei Stückchen, aber auf den deutschen Milchbauern „Robert“ entfallen auch nur fünf Anteile.
„Das muss sich ändern“, finden die Mitarbeiterinnen des Weltladens. Sie möchten Verbraucher:innen und Politik über diese Ungerechtigkeiten informieren, und fordern Veränderungen: Von den Konsument;innen in der Form, dass sie verstärkt Produkte – nicht nur Schokolade – aus fairem Handel zu kaufen und/oder sich politisch einsetzen, und von der Politik, sich für eine gerechte Verteilung der Entschädigung für Klimaschäden einzusetzen.
Auf dem Bild sind vom Weltladen Team Hannelore Gal, Gerlinde Grün und Gabi Wölki sowie Politiker:innen von CDU, SPD, FDP und der Grünen zu sehen.